Was sind funktionale Oberflächen?

Ein Überblick darüber, was Oberflächenfunktionalisierung ist, wo sie ihre Anwendung findet und welche Rolle der Laser dabei spielt

Dr. Jens Holtkamp | 10. September 2024 ᛫ 10 Min.


Laser haben sich als zentrale Technologie für die Bearbeitung von Materialien etabliert. Ein besonders faszinierender Bereich ist die Herstellung funktionaler Oberflächen, die gezielt die physikalischen, chemischen oder mechanischen Eigenschaften verändern können. Diese Art der Oberflächenmodifikation bietet zahlreiche Einsatzmöglichkeiten und Vorteile, auf die in diesem Blogbeitrag eingegangen wird. Zur Erklärung wird nach folgender Struktur vorgegangen:

  1. Was sind funktionale Oberflächen?
  2. Die Rolle des Lasers bei der Oberflächenfunktionalisierung
  3. Vorteile der Lasertechnik
  4. Anwendungsgebiete
  5. Zukünftige Entwicklungen & Fazit

Was sind funktionale Oberflächen?

Funktionale Oberflächen sind spezielle Oberflächen, die aufgrund ihrer Struktur und Zusammensetzung bestimmte Funktionen erfüllen können. Dies können beispielsweise eine erhöhte Korrosionsbeständigkeit, verbesserte tribologische Eigenschaften oder sogar hydrophobe (wasserabweisende) Eigenschaften sein. In der Industrie wird zunehmend Wert auf diese Oberflächen gelegt, da sie es ermöglichen, Produkte langlebiger, effizienter und umweltfreundlicher zu gestalten.

Die Rolle des Lasers bei der Herstellung funktionaler Oberflächen

Der Einsatz von Laserstrahlung ermöglicht es, mit größtmöglicher Präzision Oberflächen zu bearbeiten, ohne das Bauteil insgesamt zu schwächen oder zu beschädigen. Die besondere Stärke des Lasers liegt in seiner Fähigkeit, feinste Strukturen in Materialien zu erzeugen oder die Materialeigenschaften ändern zu können. Das bedeutet, dass z.B. gezielt mikroskopisch kleine Strukturen eingebracht werden können, die dann für die gewünschten Funktionen der Oberfläche verantwortlich sind. Hierbei wird das Material durch den Laser lokal ausgeschmelzt oder verdampft. Durch die gezielte Steuerung der deponierten optischen Energie kann die Struktur auf nano- oder mikroskopischer Ebene verändert werden, was zu den gewünschten funktionalen Eigenschaften führt.

Dünnschichtabtrag Laser / Oberflächen Funktionalisierung / Isolationsgräben / Thin-film processing laser
Durch Laserabtrag einer dünnen Goldschicht hergestellter Interposer für Höchstfrequenzanwendungen.
© Pulsar Photonics GmbH.

Welche Vorteile bringt die Lasermaterialbearbeitung im Allgemeinen mit sich?

Vorteile der Lasertechnologie

Die Lasertechnologie bietet im Vergleich zu traditionellen Verfahren wie mechanischen oder chemischen Bearbeitungsmethoden viele Vorteile. Dazu zählt die hohe Präzision bis in den sub-µm Bereich, um extrem feine Strukturen herstellen zu können. Die berührungslose Bearbeitung ist frei von Werkzeugverschleiß und kann aufgrund der digitalen Natur der Bearbeitung sehr stark individualisiert eingesetzt werden. Die Energie der Laserstrahlung kann pulsgenau exakt eingestellt- und geregelt werden, was besonders bei kleinen oder temperatursensiblen Oberflächen und Materialien relevant ist. Zudem kann Laserstrahlung für die Bearbeitung aller Materialien eingesetzt werden – dazu zählen Kunststoffe, Keramiken, Gläser, Metalle und Materialkombinationen. So können durch die Laserbearbeitung unterschiedlichste Oberflächenkonturen und -eigenschaften erzeugt werden: sei es die Erzeugung von Designelementen in Abformwerkzeugen, reibungsoptimierte Oberflächen, Mikrostrukturen zur gezielten Manipulation von lichtleitenden oder lichtstreuenden Oberflächen, eine Veränderung der hydrophoben oder hydrophilen Oberflächeneigenschaften oder die Steigerung der Härte einer metallischen Oberfläche.

Anwendungen funktionaler Oberflächen

Funktionale Oberflächen, die mittels Laserstrahlung hergestellt werden, finden bereits in vielen Branchen Anwendung, andere sind Gegenstand aktueller Entwicklungen:

Funktionale Oberflächen in der Medizintechnik

  • In der Medizintechnik können mit dem Laser modifizierte Oberflächen eingesetzt werden, um biokompatible Eigenschaften zu verbessern. Implantate können beispielsweise so bearbeitet werden, dass sie besser in den Körper integriert werden und die Gefahr von Abstoßungsreaktionen reduziert wird.

Funktionale Oberflächen in der Automotive- und Luftfahrt

  • In der Automobil- und Luftfahrtindustrie spielen funktionale Oberflächen eine wichtige Rolle, um Reibung zu minimieren, den Verschleiß zu verringern und den Kraftstoffverbrauch zu optimieren. Hydrophobe Oberflächen können beispielsweise Wasser und Schmutz abweisen und so die aerodynamischen Eigenschaften verbessern. Auch mit dem Laser erzeugte Sicherheitsmerkmale zum Schutz vor Produktfälschungen kommen zum Einsatz.
Dünnschichtbearbeitung Laser / Laserabtrag dünne Schichten / Thin film processing laser
Isolationsgräben auf einem metallisierten Keramiksubstrat für Anwendungen in der Elektronik und Sensorik. © Pulsar Photonics GmbH.

Funktionale Oberflächen in der Mikroelektronik

  • In der Mikroelektronik werden Lasertechnologien genutzt, um leitfähige oder isolierende Strukturen auf Halbleitern oder Schaltkreisen zu erzeugen. Dies ermöglicht eine präzise Steuerung der elektrischen Eigenschaften und erhöht die Effizienz elektronischer Bauteile.<

Funktionale Oberflächen in der Optikindustrie

  • In der Optik werden funktionale Oberflächen genutzt, um Lichtreflexionen oder -brechungen zu kontrollieren. Dies kann in Kameralinsen, Lasersystemen oder Sensoren verwendet werden, um präzisere und leistungsfähigere Geräte zu entwickeln.

Oberflächenfunktionalisierung ist eine Form der Laserstrukturierung. Nähere Informationen zur Mikrostrukturierung von Oberflächen mit sehr hoher Präzision erhalten Sie hier in einem weiterführenden Artikel.

Funktionalisierungsbeispiele von SIC-Gleitringen, die z.B. in Pumpen, Lagern und Dichtungen eingesetzte werden. Durch eine Funktionalisierung der Oberfläche mit Mikrostrukturen können gezielt tribologische Eigenschaften eingestellt werden. Der UKP-Prozess erlaubt die Bearbeitung von beinahe allen Werkstoffen mit hoher Strukturauflösung. © Pulsar Photonics GmbH.

Zukünftige Entwicklungen

Die Lasertechnologie hat sich in der Oberflächenbearbeitung als vielseitige Fertigungstechnologie etabliert. Aufgrund der hohen Präzision und der nahezu materialunabhängigen Bearbeitung hat die Lasermaterialbearbeitung bereits zahlreiche Anwendungen erschlossen. Immer neue optische Systeme und Strahlquellen ermöglichen es noch kleinere und komplexere Strukturen zu erzeugen und insbesondere die Produktivität dieser noch jungen Technologie zu steigern. Als digitale Technologie stehen wir mit der Lasermaterialbearbeitung gerade am Anfang einer disruptiven Veränderung der Fertigungstechnik und den damit verbundenen technologischen Möglichkeiten. Insbesondere die Kombination aus künstlicher Intelligenz, digitaler Messtechnik und dem digitalen Werkzeug Lasertechnik können automatisierte Fertigungsabläufe ermöglicht werden, von denen sich uns heute nur ein Bruchteil erahnen lässt.

Fazit

Die Lasertechnologie hat das Potenzial, funktionale Oberflächen für eine Vielzahl an Anwendungen von der Halbleitertechnik bis zum etablierten Werkzeugbau zu erzeugen und mit Prozessen wie der in-Volumen Bearbeitung neu zu denken. Die Laserstrahlung als Werkzeug bietet dabei eine Vielzahl von Vorteilen – vom Maßschneidern der Materialeigenschaften bis hin zur Effizienzsteigerung in Produktionsprozessen. In vielen Branchen haben sich Anwendungen bereits etabliert. Angesichts der digitalen Natur der Lasertechnologie in einem Zeitalter von künstlicher Intelligenz ist davon auszugehen, dass die Möglichkeiten in Zukunft noch beeindruckender werden.

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Dr. Jens Holtkamp, Geschäftsführung

Mehr über den Autor:
Dr. Jens Holtkamp

Dr. Jens Holtkamp ist einer der drei Gründer und Geschäftsführer von Pulsar Photonics.

Nach dem Studium an der RWTH Aachen arbeitete er 10 Jahre am Fraunhofer ILT und leitete dort den Bereich der UKP-Lasermaterialbearbeitung. In 2013 gründete er zusammen mit Dr. Stephan Eifel und Dr. Joachim Ryll die Pulsar Photonics GmbH.

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