Ultrakurzpuls-Lasersysteme zur Herstellung von Verneblern in der Medizintechnik

Zerstäuben von Medikamenten: Wie lasergefertigte Siebe in der Medizin die Grenzen konventioneller FilterVerfahren überschreiten

Louisa Draack | 18. Dezember 2024 ᛫ 15 Min.


Gerade die Corona-Krise hat deutlich gemacht, wie wichtig innovative Medizintechnik ist.

Ein Produkt der Medizintechnik, das vor allem bei Krankheiten der Atemwege von hoher Bedeutung ist, ist ein sogenannter Vernebler. Vernebler dienen dazu, Medikamente zum Einatmen so zu zerstäuben, dass sich die Flüssigkeit in ein Aerosol umwandelt, welches sich wiederum in der Lunge verteilen kann.

Im nachfolgenden Artikel erklären wir, wie durch ultrakurzpuls-Lasersysteme Vernebler für die Medizintechnik hergestellt werden können und welche Vorteile diese Fertigungstechnologie mit sich bringt.

Funktion eines Verneblers in der Medizintechnik

Das Funktionsprinzip eines Verneblers basiert auf einer Membrane, in der sich Mikrometer große Löcher befinden. Hiermit werden Medikamente so zerstäubt, dass sich die Flüssigkeit in ein Aerosol umwandelt. Damit dieses Aerosol homogen ist, benötigen Vernebler einen kontinuierlichen Antrieb. Speziell geformte Piezoscheiben wirken hier als Ultraschallwandler und regen die Loch-Membran zu Ultraschallschwingungen mit bis zu mehreren 100 Kilohertz an.

Aktuelle Erkenntnisse bestätigen, dass kleinere Bohrlöcher in den Filtern zu kleineren Wirkstoffteilchen führen, welche sich wiederum tiefer in der Lunge verteilen und somit besser wirken können. Deshalb ist das Ziel, die Mikrobohrungen möglichst klein zu gestalten.

Herkömmliche Herstellverfahren kommen hierbei an Ihre Grenzen, da entweder entsprechende Bohrungen physikalisch nicht hergestellt werden können oder der Verschleiß des Werkzeugs hoch ist. Ein innovativer Ansatz ist die Verwendung von Lasersystemen mit ultrakurz gepulster Strahlung, denn je kürzer die Pulsdauer ist, desto kleinere Löcher können gebohrt werden. Abhängig von dem verwendeten Fokussierobjektiv und der Wellenlänge können somit Bohrlöcher mit einem Durchmesser um die fünf Mikrometer hergestellt werden.

Da durch softwaretechnische Einstellungen die Verteilung und die Form der Bohrlöcher angepasst werden können, ist die Produktion verschiedener Produkte auf einer Laseranlage möglich.

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Quelle: Appl. Sci. 202111(18), 8350https://doi.org/10.3390/app11188350

Der Bohrprozess mit dem Ultrakurzpulslaser – Erklärung und Einflussfaktoren

Das Laserbohren basiert auf der gezielten Materialentfernung in einem vorab definierten Werkstück. Beim klassischen, jedoch hochpräzisen Laserbohren wird hierzu eine Ultrakurzpulslaserquelle, die Strahlführung und ggf. -formung, ein Galvanometerscanner mit zwei Scan-Spiegeln und ein Fokussiermodul verwendet, um den Laserstrahl erzeugen und auf dem Werkstück ablenken zu können. Durch diesen Aufbau wird jeder einzelne Laserpuls auf das Werkstück fokussiert und es erfolgt eine Absorption im Werkstück. Durch die Absorption und die starke lokale Materialerwärmung erfolgt der Abtrag. Die hierbei erzeugten Bohrlöcher sind konisch. Das heißt, das Loch ist am Lasereintritt größer als am Laseraustritt. Sehen Sie hierzu auch das Beispiel in der unteren Grafik.

Verschiedene Parameter haben Einfluss auf die Qualität und die Taktzeit des Bohrprozesses. Laser mit kurzen Pulsdauern im Bereich von Piko- oder Femtosekunden erzeugen keine Schmelzauswürfe und haben nur sehr geringe Wärmeeinflusszonen, wodurch eine präzisere und kleinere Bearbeitung möglich ist als bei anderen Lasersystemen mit längeren Pulsdauern.
Durch den geringeren Wärmeeinfluss wird das Bohrloch jedoch in der Regel nicht mit einem einzelnen Puls, sondern durch die Abgabe vieler einzelner Pulse auf das Material erzeugt und der Prozess ist normalerweise langsamer.

Das erzeugte Aspektverhältnis, also das Verhältnis des Austrittsdurchmessers zur Bohrlochtiefe, liegt herkömmlicherweise bei max. 1:5.
Damit dennoch eine effiziente Bearbeitung möglich ist, sind die Repetitionsraten bei Ultrakurzpulslasern hoch. Beim Perkussionsbohren, bei dem das Material durch die Abgabe mehrerer Pulse auf die gleichen Stellen abgetragen wird, können zwischen 10 und 500.000 kHz erzeugt werden. Dennoch können auch hierbei die Repetitionsraten nicht beliebig hoch sein, da durch die Absorption der Laserstrahlung im erzeugten Materialdampf und durch die Wärmeakkumulation die Energie weniger in Materialabtrag umgesetzt wird.


Die Laserbohrprozesse einfach erklärt

Laserbohren von verneblern

Für das Laserbohren von Verneblern gibt es verschiedene Ansätze, welche unter anderem von den Anforderungen des Kunden abhängen. Somit fließen in die Prozessentwicklung neben dem geforderten Bohrlochdurchmesser auch die Materialstärke, das Substrat und die gewünschte Form des Bohrloches mit ein.

Wie bei vielen anderen Medizintechnik-Produkten sind auch Vernebler in der Regel aus Edelstahl, sodass sich das Material sowohl mit Ultrakurzpulslasern mit infraroter, grüner als auch ultravioletter Wellenlänge bearbeiten lässt. Bei der Auswahl der Wellenlänge sind verschiedene Vor- und Nachteile zu berücksichtigen.

Während bei längeren Wellenlängen, wie z.B. im infraroten Bereich, die Spotgröße größer ist, ist auch die Rayleigh-Länge, also der Bereich in dem eine Fokusabweichung ohne Veränderung des Bearbeitungsergebnisses stattfinden kann, länger. Auch wenn ein kleinerer Laserfokus wie bei einer grünen und ultravioletten Wellenlänge eine noch kleinere und präzisere Bearbeitung verspricht, sind auch die Nachteile wie das geringere Abtragvolumen in gleicher Zeit zu berücksichtigen. Die passende Wellenlänge ist also nicht nur abhängig von der Qualität des Ergebnisses auszuwählen, sondern auch von anderen Faktoren wie der Homogenität des Ausgangsmaterials und den gewünschten Durchsatzraten.

Oftmals liegt der gewünschte Bohrlochdurchmesser bei unter 3 µm, da, wie eingangs erwähnt, die Wirkung des Verneblers mit sinkendem Durchmesser steigt. Die Foliendicke des Ausgangsmaterials liegt in der Regel bei mehreren zehntel Mikrometer, sodass mit dem technisch möglichen Aspektverhältnis von max. 1:5 der Bohrlochdurchmesser nur am Locheintritt, jedoch nicht am Austritt erzeugt werden kann. Die Herstellung eines entsprechend kleinen Austrittsdurchmessers kann dann mit allen drei erwähnten Wellenlängen erreicht werden. Weil die Löcher als Resultat konisch sind, ist der Bohrlocheintrittsdurchmesser deutlich höher. Somit muss eine höhere Menge Material abgetragen und eine längere Bearbeitungszeit eingesetzt werden, als es bei zylindrischen Bohrlöchern mit 3 µm Durchmesser der Fall wäre, die technisch jedoch nicht umsetzbar sind.

Um dem entgegenzuwirken und eine weitere Steigerung der Taktzeit zu erzielen, reicht es nicht aus, die mittlere Leistung des Lasersystems zu erhöhen und so mit dem Prinzip „Viel hilft viel“ zu agieren. Die hierdurch erhöhte Energiedichte würde dann den Idealpunkt des Materials überschreiten und somit zu einer Überhitzung und in Folge davon zu einer Materialverformung führen. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, kann der sogenannte Burst-Modus eingesetzt werden. Bei diesem Verfahren wird die hohe Energiedichte in einzelne Pulse aufgelöst. Die mittlere Leistung bleibt dabei jedoch gleich. Durch die vielen Einzelpulse kann die Bearbeitungsrate gesteigert und somit die Taktzeit gesenkt werden.

Mit dem beschriebenen Vorgehen konnten im Laseranwendungszentrum von Pulsar Photonics nach einer initialen Parameterfindung und der Taktzeitoptimierung mit einem Lasersystem mit infraroter Wellenlänge 4.000 konische Bohrungen mit einem Durchmesser von ca. 3,5 µm in einer Laserzeit von insgesamt um die 25 Sekunden gefertigt werden. Mit der so gefertigten Membran können beim Einsatz im Vernebler Tröpfchen-Größen mit einem Durchmesser zwischen 4 und 10 µm erzeugt werden.

Ein Übersichtsbild des Gesamtsiebs sowie Mikroskopbilder von den einzelnen Bohrlöchern finden Sie nachfolgend:


Warum besonders Laseranlagen zur Bearbeitung von Medizinbauteilen geeignet sind

Ausblick

Durch die vielen verschiedenen hardware- und softwaretechnischen Anpassungsmöglichkeiten sind die aktuellen Ergebnisse durch weitere Versuchsschleifen optimierbar.

Wie zuvor beschrieben können derzeit Tröpfchengrößen um die 4 µm erzeugt werden. Dies reicht jedoch für Säuglinge und Kleinkinder nicht aus. Durch die Verwendung einer Spezialoptik mit sehr kleinem Fokusdurchmesser – genannt Microscan Extension (MSE) – können die Bohrlöcher und die daraus resultierenden Aerosolpartikel weiter reduziert werden.

Die dargestellten Ergebnisse haben gezeigt, dass bereits mit dem einzelnen Laserstrahl schnelle Taktzeiten umgesetzt werden können. Durch die Flexibilität des digitalen Werkzeuges „Laser“ und der hierfür verwendeten Software können die Laserparameter programmbasiert angepasst werden, um die Durchsatzraten mit dem Einzelstrahl weiter zu reduzieren.

Für Serienprozesse kann die Taktzeit darüber hinaus durch die Verwendung mehrerer Teilstrahlen reduziert werden. Bei diesem Verfahren kann mit einer Laserquelle und einem Scanner ein Bohrraster mit mehreren Löchern in einem festen Abstand gleichzeitig gebohrt werden. Werden beispielsweise vier Teilstrahlen verwendet, ist es möglich, den Prozess bis zu viermal schneller als mit dem Einzelstrahl umzusetzen.

Auf eine Erhöhung des Durchsatzes zielt auch die Rolle-zu-Stück-Automation ab, bei der das Ausgangsmaterial mittels Coils in der Anlage positioniert werden kann. Nach dem Bohren wird dann jeder Mikrofilter vereinzelt, sodass nur ein geringer manueller Handlings-Aufwand notwendig ist und die Nebenzeiten des Prozesses reduziert werden können.

Sollten Sie ebenfalls die Fertigung Ihrer Vernebler optimieren wollen oder andere Bohraufgaben haben, bei der mechanische Verfahren an Ihre Grenzen kommen, melden Sie sich gerne bei uns und wir führen erste Machbarkeitsversuche bei uns im Laseranwendungszentrum durch. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Kontaktieren Sie mich für eine individuelle Beratung in einem unverbindlichen erstgespräch

Louisa Draack, Technischer Vertrieb, Pulsar Photonics, Auftragsfertigung, Beratung, Laser

Mehr über die Autorin:
Louisa Draack, m. Sc.

Louisa Draack ist für den technischen Vertrieb der Lasermikrobearbeitungszellen bei Pulsar Photonics zuständig. Sie hat einen Master-Abschluss an der FH Aachen in Industrial Engineering und fast sechs Jahre Berufserfahrung im Bereich Laserbearbeitung mit Kurz- und Ultrakurzpulslasern.

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