Was sind Ultrakurzpulslaser?

Wie Ultrakurzpulslaser funktionieren, in welchen Anwendungen Sie wiederzufinden sind und welche Vor- sowie Nachteile Sie aufweisen

Patrick Gretzki | 27. Mai 2024 ᛫ 10 Min.


Ultrakurzpulslaser – Das Skalpell der Lasertechnik

Die Erfindung des Lasers hat eine Vielzahl von Anwendungen revolutioniert bzw. erst möglich gemacht. Wegen der hohen Intensität und Leistungsdichte können Materialien geschnitten, strukturiert, modifiziert, geschweißt und abgetragen werden. Bei schmelzenden Verfahren, wie z.B. dem Laser-Löten, Laser-Schweißen und Laser-Schneiden wird der Laser auf einen winzigen Spot fokussiert und damit das Material aufgeschmolzen.

Neben den kontinuierlich arbeitenden Lasern (CW) gibt es auch die Klasse der gepulsten Laserquellen. Diese geben die Laserleistung in kleinen Pulsen bzw. Energiepaketen ab. Die Pulsdauer kann dabei in Abhängigkeit vom Lasertyp im Bereich von Millisekunden (0.001s) bis hin zu Femto-Sekunden (0.000 000 000 000 001s) liegen. Man spricht dabei von Kurzpuls- (KP) und Ultrakurzpuls (UKP) Lasern. Dadurch kann der Laser bei einer relativ geringen mittleren Leistung in der Pulsspitze jedoch sehr hohe Leistungen und Intensitäten erreichen. Beispielsweise kann ein Femto-Sekunden Laser mit der mittleren Leistung einer Glühbirne (10W) bei einem einzelnen Puls die Spitzenleistung von einem kleinen Kraftwerk (mehrere 100 MW) erreichen.

Die physikalischen Absorptionsprozesse können bei solch hohen Intensitäten anders ablaufen als bei längeren Laserpulsen. Somit lassen sich zum Beispiel Gläser, Keramik und Kunststoffe mit einen Infrarot-UKP Laser bearbeiten, da hier sog. nichtlineare Absorptionsvorgänge bei der Laser-Material-Wechselwirkung stattfinden.

Gepulster Laserprozess: Schematische Darstellung der mittleren Leistung im Vergleich zur Pulsenergie. ©Pulsar Photonics GmbH.

Wie Ultrakurzpulslaser funktionieren, in welchen Anwendungen sie wiederzufinden sind und welche Vor- sowie Nachteile sie aufweisen, stellt dieser Artikel heraus.

Was macht einen UKP-Laser aus?

Ein Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser) ist eine Kategorie von Laser, der ultrakurze Laserpulse im Femtosekunden- oder Pikosekundenbereich erzeugt. Folgende Komponenten spielen dabei eine Rolle:

1. Lasermedium

Ein UKP-Laser verwendet typischerweise ein Festkörper-Lasermedium, wie beispielsweise einen dotierten Kristall oder einen Festkörperlaser, der normalerweise mit einem externen Pulsverstärker kombiniert wird. Dieses Medium kann eine Vielzahl von Materialien umfassen, wie z.B. dotiertes Glas oder Kristalle wie Titan-Saphir, Neodym- oder Ytterbium-dotierte Materialien. Üblicherweise wird als Medium für einen UKP-Laser ein Ytterbium-YAG oder Neodym-YAG Kristall verwendet.

2. MOPA-System

Bei UKP-Lasern für die industrielle Materialbearbeitung werden höhere mittlere Leistungen im ein bis dreistelligen Wattbereich benötigt. Üblicherweise trennt man bei diesen Lasern die Herstellung der ultrakurzen Pulse und deren Verstärkung. Dieser Ansatz wird MOPA genannt, Master Oscillator Power Amplifer. Dies bedeutet dass zunächst in einem Laser (Master Oscillator) ultrakurze Pulse mit hoher Frequenz (Repetitionsrate) und geringer Pulsenergie erzeugt werden. Im Anschluss werden aus den erzeugten Pulsen des Master Oscillators einzelne Pulse ausgewählt (die Repetitionsrate wird meist um einen ganzzahligen Faktor reduziert) und dann in einen Verstärker geleitet (Power Amplifier). Dieser Verstärker verstärkt die Pulsenergie der einzelnen Laserpulse.

3. Pulserzeugung (Master Oscillator)

Die Ultrakurzpulslaser-Technologie basiert auf der Erzeugung von Laserpulsen mit extrem kurzer Dauer. Dies wird durch spezielle Techniken namens Modenkopplung erreicht. Dabei werden die unterschiedlichen Lasermoden (Schwingungszustände) im Laserresonator synchronisiert, sodass sie sich überlagern und einen sehr kurzen aber gleichzeitig auch sehr intensiven Laserpuls erzeugen.

4. Verstärkung (Power Amplifier)

Die erzeugten Pulse werden durch einen Verstärker geleitet, der typischerweise aus gepumpten Lasermedium besteht. Der Laserpuls wird darin verstärkt, wobei die Energie des Pulses erhöht wird. Dabei unterscheidet man verschiedene Verstärkergeometrien (Scheibe, Stab, Faser, Slab).

5. Pulskompression

Nach der Verstärkung kann der Laserpuls durch spezielle Optiken komprimiert werden, um die Pulsdauer weiter zu verlängern oder zu verkürzen. Dies geschieht normalerweise durch die Verwendung von optischen Gittern oder speziellen Glasfasern.

Die so erzeugten Pulse haben dann eine extrem kurze Pulsdauer und eine hohe spektrale Bandbreite mit einer entsprechend hohen Spitzenleistung. Anbei ein praktisches Beispiel. Angenommen wir haben ein System mit den folgenden Spezifikationen:

Lasertyp Yb:YAG, 1030nm | Mittlere Leistung 20W | Pulsdauer 1ps | Frequenz 400kHz

Das ist ein Laser basierend auf einem Ytterbium-YAG Kristall als Lasermedium mit einer Wellenlänge von 1030nm. Aus der mittleren Leistung von 20 W und der Repetitionsrate von 400 kHz ergibt sich eine maximale Pulsenergie von 50 µJ. Der Laserpuls hat dabei eine Spitzenleistung von 100 MW. Wird er nun mit einer Fokussierlinse z.B. auf einem Spot von 35 µm Durchmesser fokussiert (Brennweite 100 mm), so wird dort eine Intensität von ~10^13 W/cm² erreicht. Zum Vergleich: Die Sonne hat eine Intensität von 0,1361 W/cm².

6. Wellenlängenkonversion

Je nach Anwendungsbereich ist es vorteilhaft die Wellenlänge des Lasers zu verkürzen (z.B. höhere Auflösung, höhere Absorption). Dazu bietet sich eine Frequenzkonversion an. Die Laserpulse werden hierbei durch ein Medium geleitet, dass bei bei Bestrahlung mit intensiver Laserstrahlung eine sog. höhere Harmonische erzeugt. Die höhere Harmonische ist Laserstrahlung mit der doppelten (SHG) oder dreifachen (THG) Frequenz bzw. halben oder dem Drittel der eingeleiteten Wellenlänge. Durch dieses Verfahren entstehen zwar Leistungsverluste, allerdings können damit leicht aus einem IR-Laser (1030nm) grüne (515nm) oder UV-Laserwellenlängen (343nm) erzeugt werden.


Alle Vorteile des Lasers für die Materialbearbeitung. Hier gibt’s die ZUsammenfassung:

Materialbearbeitung mit Ultrakurzpulslasern

Die physikalischen Prozesse bei der Verwendung von UKP Laser unterscheiden sich grundlegend von denen bei der CW Bearbeitung. Die Strahlung eines kontinuierlichen Lasers (cw-Laser) wird vom Material absorbiert und dort in Wärme umgewandelt. Das Material (meist Metalle) wird dann erst flüssig, während die Umgebungsstelle die Wärme mittels Wärmeleitung weitergibt. Dies führt dazu, dass das Material großflächig erwärmt wird und ggf. auch das Materialgefüge ändert. Dieser Bereich wird Wärmeeinflusszone (eng. „heat affected zone“ HAZ) genannt.

Je kürzer die Pulse werden, umso höhere Intensitäten werden lokal erreicht. Dies führt dazu, dass das Material schneller lokal erwärmt wird und die Wärme weniger Zeit hat in die umliegenden Bereiche zu diffundieren. Mit kürzer werdenden Pulsen steigt die maximale Temperatur des Materials und zusätzlich zur Schmelze verdampft das Material auch.

Werden die Pulse nun noch kürzer und die Intensitäten entsprechend noch höher, erreicht man einen Bereich der nicht-linearen Effekte. Die klassische Absorption ist hier nicht mehr gültig. So ist Glas z.B. für grünes Licht nahezu 100% transparent. D.h. ein kontinuierlicher Laserstrahl mit niedriger Intensität würde hier kaum absorbiert werden und keine Wirkung haben. Wird eine kritische Intensität jedoch überschritten, tritt eine Multi-Photonen-Absorption auf. Dies führt nun dazu, dass Glas für grünes Licht mit ps-Pulsen nicht mehr transparent ist und somit von einem UKP-Laser bearbeitet werden kann.

Die eingebrachte Energie wird bei Metallen in einer sehr begrenzten oberflächennahen Schicht absorbiert. Durch die hohe Intensität werden bei Verwendung von UKP-Lasern direkt Temperaturen weit oberhalb der Verdampfungstemperatur erreicht. Das Material hat auf dieser kurzen Zeitskala im Grunde keine Gelegenheit, die Wärme in andere Bereiche zu transportieren. Dies führt zu einer starken Lokalisierung der eingebrachten Energie und gleichzeitig wird das verdampfte Material wie bei einer Explosion aus der der Ablationszone herausgeschleudert. Da die Umgebung des Bauteils „keine Zeit hatte“, sich aufzuwärmen, spricht man auch gerne von „kalter Ablation“.

Darstellung der Einwirkung eines UKP-Laserstrahls auf Metall im Vergleich zu anderen Lasern. ©Pulsar Photonics GmbH.

Beispiele für den Einsatz von UKP-Lasern

Durch die einzigartigen optischen Eigenschaften und Wechselwirkungen mit Materie sind UKP Laserquellen vielseitig einsetzbar. Aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften und ihrer Fähigkeit, Materialien mit hoher Präzision zu bearbeiten, sind sie zu einem wichtigen Werkzeug in verschiedenen Branchen geworden.

Die Anwendungsfelder gliedern sich grob in folgende Kategorien:

1. Materialbearbeitung: UKP-Laser werden für präzise Materialbearbeitungsanwendungen wie Mikrobearbeitung, Feinbohrungen, Gravur, Schneiden und Oberflächenstrukturierung eingesetzt.

2. Medizinische Anwendungen: UKP-Laser finden in der Medizin Anwendung, beispielsweise in der Augenchirurgie für die Korrektur von Sehfehlern und in der Dermatologie für Hautbehandlungen.

3. Wissenschaft und Forschung: UKP-Laser werden in zahlreichen wissenschaftlichen Forschungsanwendungen eingesetzt, einschließlich Spektroskopie, Mikroskopie und Materialcharakterisierung.

4. Optische Kohärenztomographie (OCT): UKP-Laser werden in der OCT-Bildgebung verwendet, um hochauflösende Querschnittsbilder von biologischem Gewebe und anderen Materialien zu erstellen, was sie für medizinische Diagnoseanwendungen unverzichtbar macht.

Lasergebohrtes Mikrosieb in einer Edelstahlfolie (t=100 µm) mit Bohrungsaustrittsdurchmesser von 30 µm für eine Filterapplikation. Durch den Einsatz von Ultrakurzpulslasern lassen sich Bohrungen mit Austrittsdurchmessern bis in den einstelligen Mikrometerbereich herstellen. Quelle: Pulsar Photonics GmbH.

5. Photovoltaik: In der Solarindustrie werden UKP-Laser für die Präzisionsbearbeitung von Solarzellen und anderen Photovoltaikkomponenten eingesetzt, um deren Effizienz zu verbessern. Durch die hohen Material- und Tiefenselektivität sind sie auch für die Bearbeitung von Dünnschichten geeignet.

6. Nanotechnologie: UKP-Laser werden in der Nanotechnologie für die Herstellung und Charakterisierung von Nanostrukturen, Nanopartikeln und nanoskaligen Materialien eingesetzt. Aufgrund der besonderen physikalischen Interaktion können so z.B. Nanopartikel ohne weitere Lösungsmittel und Stabilisatoren erzeugt werden.


Eine Überischt verschiedener Anwendungsgebiete des (UKP-)Lasers bei Pulsar Photonics finden Sie hier

Vor- und Nachteile DER UKP-LaserMATERIALbearbeitung

UKP Laser weisen durch ihr hohe Intensität und nicht-lineare Absorption den Vorteil auf, dass die Bearbeitung stark lokalisiert ist. Am Auftreffpunkt kann das Material mit einer Tiefenauflösung von wenigen 100 nm abgetragen werden. Durch die kurze Zeitskala der Interaktion bleibt das umliegende Material thermisch unbeschädigt. Dies erlaubt auch das Bearbeiten von Schichtsystemen, bei denen mehrere Materialen kombiniert werden. Dadurch, dass das Material im Grunde direkt verdampft wird, können Schmelzablagerungen vermieden werden. Die hohe Selektivität erlaubt zudem die Bearbeitung auf Mikroskala, bei der ein hoher Präzisionsgrad mit einer hohen Strukturqualität erzielt werden kann.

Die hohe Tiefenselektivität erlaubt zwar die Bearbeitung mit einer hohen örtlichen Auflösung, jedoch ist die Abtragsrate pro Puls im Vergleich zu länger gepulsten Laserquellen gering. Dies liegt daran, dass ein Großteil der Energie in die Verdampfung oder Erzeugung eines Plasmas umgesetzt wird. Die Produktivität wird dabei in Volumen pro Zeit bzw. Volumen pro Watt eingesetzter Leistung angegeben und bewegt sich meistens in der Größenordnung mm³/min. Durch den Einsatz von Laserstrahlquellen mit hoher mittlerer Leistung und entsprechender Optiksysteme lassen sich Laserprozesse allerdings deutlich beschleunigen. Typische Kosten für UKP Quellen liegen im Bereich von ca. 80.000 – 180.000€ für 20-100 Watt Laserleistung.

Wie sich die Kosten für eine Laseranlage zusammensetzen, erfahren sie ausführlich im Artikel „Was kostet eine Laseranlage zur Mikrobearbeitung?“.

Eine Skalierbarkeit von UKP Prozessen durch eine reine Steigerung der Laserleistung bei der Einzelstrahlbearbeitung ist aufgrund von qualitätslimitierenden Effekten nur bedingt möglich. Große Flächen sind aus technischer Sicht durchaus bearbeitbar, allerdings beschränken aktuell bei einer klassischen Einzelstrahlbearbeitung die Herstellkosten meist einen wirtschaftlichen Einsatz von UKP-lasergefertigten Applikationen für großflächige Anwendungsbereiche. Um diese Beschränkungen zu umgehen, wurden in den letzten Jahren Multistrahltechnologien entwickelt. Damit eröffnen sich auch für großflächige lasergefertigte Applikationen neue Einsatzgebiete und Potentiale für Unternehmen.

Pulsar Photonics bietet mit seinen optischen Modulen und der Systemtechnik Lösungen an, mit denen unterschiedliche Skalierungsansätze insbesondere für UKP Prozesse umgesetzt werden können. So lassen sich beispielsweise viele Prozesse durch Multi-Beam bzw. Multi-Scanner Lösungen direkt skalieren.

Fazit

Die Laserbearbeitung im Allgemeinen wird in Zukunft die Art und Weise, wie wir Produkte herstellen verändern und wird die Zukunft der Fertigung maßgeblich beeinflussen. Unternehmen, die in diese Technologie investieren, werden in der Lage sein, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und sich in einer sich ständig verändernden Weltwirtschaft zu behaupten.

Ultrakurzpulslaser können die erreichbare Präzision noch einmal deutlich steigern und ermöglichen die Bearbeitung auch von anspruchsvollen Materialien. Diese Eigenschaften machen sie zu einem unverzichtbaren Werkzeug in vielen High-Tech-Industrien und Forschungsbereichen. Durch neue Prozesse und Maschinen konnten die Bauteilkosten auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt werden, so dass in Zukunft von einer weiteren Marktdurchdringung der Technologie auszugehen ist. Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser) repräsentieren damit den Höhepunkt der Lasertechnologie durch ihre Fähigkeit, extrem kurze Laserpulse im Femtosekunden- oder Pikosekundenbereich zu erzeugen.

Mit innovativen Skalierungsansätzen ist es zudem möglich, Materialflächen bis in den Quadratmeterbereich wirtschaftlich zu bearbeiten.

agile Softwareentwicklung, Lasermaschinenbau

Sie haben eine Frage zur Technologie des UKP-Lasers oder zu Skalierungsansätzen?

Patrick Gretzki

Mehr über den Autor:
Patrick Gretzki

Patrick Gretzki ist Leiter des Geschäftsbereiches Systemtechnik bei Pulsar Photonics. Nach seinem Physikstudium an der RWTH hat er 8 Jahre lang Erfahrung in der UKP Lasermaterialbearbeitung  am Fraunhofer ILT gesammelt und dort unter anderem das Team zur Dünnschichtbearbeitung geleitet.

Weitere Informationen zur Systemtechnik bei Pulsar Photonics erhalten Sie unter unserer Kategorie Optikmodule.

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